Gezielte Arbeitsmarktpolitik statt Arbeitslosigkeit verwalten

Die Zahl der Arbeitslosen ist im vergangenen Jahr weiter um 5,2 Prozent gestiegen. 17 953 Personen waren zum 30. September 2014 bei der Adem als arbeitssuchend gemeldet. Ebenso ist die Zahl der Arbeitssuchenden, die in zeitlich befristeten Beschäftigungsmaßnahmen sind, gegenüber dem Vorjahr um 11,9 Prozent gestiegen.

Obwohl die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit im Koalitionsabkommen als eine der Hauptprioritäten angeführt wird, ist ein entsprechendes Konzept in der Regierungsarbeit von Rot, Blau und Grün nicht auszumachen.

Nun beabsichtigt die Regierung aber, den Sparstift besonders auch im Beschäftigungsressort anzusetzen. So sind u. a. Anpassungen bei den Wiederbeschäftigungshilfen vorgesehen. Zweifellos muss Missbrauch im Zusammenhang mit diesen Hilfen resolut bekämpft werden. Doch hier riskiert das Kind mit dem Bade ausgeschüttet zu werden und älteren Beschäftigungssuchenden sowie Langzeitarbeitslosen die Wiedereingliederung in das Berufsleben erschwert, wenn nicht gar verbaut zu werden.

Respekt vor Lebensleistung

Eine differenziertere Herangehensweise wäre angebracht gewesen – ebenso wie der Dialog mit den Sozialpartnern, die die Realitäten auf dem Arbeitsmarkt und in den Betrieben kennen. Man kann nicht alles über einen Kamm scheren. Das Lebensalter und die Beschäftigungsjahre müssten stärker berücksichtigt werden. Hier geht es besonders auch um Respekt vor der Lebensleistung von Menschen, die oft auf ein langes und produktives Berufsleben zurückblicken, ehe sie arbeitslos wurden.

Auch in puncto Jugendarbeitslosigkeit wirken die Regierung und der zuständige Minister ratlos. Die bedeutendste Maßnahme im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit ist die Jugendgarantie, aber diese geht auf eine europäische Initiative zurück, was der Arbeitsminister gerne zu erwähnen vergisst.

Insgesamt ist die dringend benötigte Zusammenarbeit und Konzertation zwischen Arbeits-, Bildungs- und Wirtschaftsminister nicht erkennbar. Und auch hier, wo sich unterschiedliche Politikbereiche überschneiden und ineinander greifen, wird viel zu wenig, wenn überhaupt, auf die Erfahrung und die Vorschläge der Sozialpartner zurückgegriffen. Die Sozialpartner setzen sich z. B. für die Stärkung des dualen Systems ein, d. h. der praktischen Ausbildung im Betrieb gekoppelt an die Vermittlung von theoretischem Grundwissen in der Schule. Zu den Ländern, denen es am besten gelingt, die Jugendarbeitslosigkeit auf einem möglichst geringen Niveau zu halten, gehören die Länder, die resolut auf ein duales Berufsbildungssystem setzen.

Ein anderer Ansatz, der in die gleiche Richtung zielt, wäre die Wiederbelebung der „Léierbuden“. Hier wäre die Ausarbeitung eines Konzeptes, gemeinsam mit den Sozialpartnern und den in Frage kommenden privaten und öffentlichen Unternehmen, ein vielversprechender neuer Pfad zur Qualifikation und beruflichen Wiedereingliederung von Jugendlichen.

Um die Arbeitslosigkeit erfolgreich zu bekämpfen, müssen zwei zentrale Ansätze konzentriert verfolgt werden. Erstens muss Beschäftigung unser aller gemeinsames Anliegen sein. Um die Arbeitslosigkeit dauerhaft auf ein möglichst geringes Niveau zurückzuschrauben, braucht es einen Beschäftigungspakt, ein breites Bündnis von Sozialpartnern, Zivilgesellschaft und Politik, die eine resultatsorientierte Gesamtstrategie verfolgen.

Besonders die politisch Verantwortlichen sind in der Pflicht. Wirtschafts-, Schul- und Beschäftigungspolitik müssen laufend aufeinander abgestimmt werden, um zu einem effizienten Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zu gelangen. Leider funktioniert diese Abstimmung zurzeit nur ungenügend.

Zweitens muss der Akzent darauf gelegt werden, Arbeit zu finanzieren und nicht Arbeitslosigkeit. Statt sich damit zu begnügen, ein stetig wachsendes Heer von Arbeitslosen zu verwalten, wird eine aktive Arbeitsmarktpolitik benötigt, die mit gezielten und zugeschnittenen Maßnahmen die Beschäftigungssuchenden in dauerhafte und feste Arbeitsverhältnisse bringt.

Marc Spautz
Abgeordneter und CSV-Parteipräsident

Source: Luxemburger Wort vom Mittwoch, 19. November 2014

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