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Die Sozialunion schaffen
Der Schuldige an der Wirtschaftskrise, die nun im fünften Jahr mit unverminderter Heftigkeit anhält, ist scheinbar ausgemacht. Es sind die kleineren Staaten, die mit ihrer Nischenpolitik und Flexibilität Schuld für Steuerflucht und Steuerdumping seien. Der automatische Informationsaustausch soll hier geeignet sein, Remedur zu schaffen.
Doch leider gibt es angesichts der Krise keine einfachen Lösungen und es ist ebenfalls nicht mit schnellen Schuldzuweisungen getan, auch wenn sie gebetsmühlenartig in Pressekommentaren und Polit-Talkshows wiederholt werden.
Zur Erinnerung: Die Krise ging 2008 vom US-amerikanischen Hypothekenmarkt aus. Zahlreiche überschuldete Hausbesitzer in den USA waren nicht mehr in der Lage ihre Kredite zu bedienen. Die Krise sprang auf Europa über, wo sie die Banken und schliesslich alle Wirtschaftssektoren erfasste. Eine Konsequenz dieser tiefgehenden Strukturkrise ist die Verschuldungskrise in einer Reihe von Eurostaaten, die die Europäische Union seit zwei Jahren auf eine bisher nicht gekannte Zereissprobe stellt.
Der Auslöser der Krise findet sich somit definitiv nicht in einem Finanzzentrum wie es Luxemburg ist, sondern auf dem weltweit führenden Finanzplatz N°1 New York.
Fakt ist: Der luxemburgische Finanzplatz ist kein Tummelplatz für Finanzjongleure, sondern ein performantes Finanzzentrum in dem erfahrenes, kompetentes und internationales Personal eine breitgefächerte Palette von Dienstleistungen anbietet. Dabei ist, auf der Grundlage einer klaren gesetzlichen Basis, die fest in das gemeinsame europäische Regelwerk eingebunden sind, der Schutz der Privatsphäre eine Selbstverständlichkeit.
Es ist zu hoffen, dass nun, wo scheinbar „Fortschritte“ erzielt sind, die internationalen Gremien wie das G7 sich mit der gleichen Energie der Beseitigung von internationalen sozialen Schieflagen widmen. Dass es zu einem gemeinsamen Sockel an sozialer Absicherung kommt und z.B. die arbeitenden Menschen in den USA auf Schutz im Krankheitsfall und eine verlässliche Altersversorgung zählen können. Aber ebenso muss gelten, dass die Einhaltung von Umweltstandards und Klimazielen nicht nur für Europa verbindlich sind.
Doch auch in Europa muss in Punkto Sozial- und Arbeitsrecht noch vieles geschehen. Das Bewusstsein dass Arbeit mindestens ebenso viel wert ist wie Kapital hat in den letzten Jahren abgenommen. Hier muss es zu einer Umkehr kommen. So muss in Europa endlich Schluss mit Lohndumping sein. Jede Arbeit, egal in welchem europäischen Land sie geleistet wird, verdient eine faire und angemessene Entlohnung. Es ist schlicht und einfach ein Skandal, dass im Europa des 21 Jahrhunderts, Menschen, die einen Vollzeitjob haben, parallel dazu, um sich und ihre Familien durchzubringen, auf Unterstützung durch die öffentliche Hand angewiesen sind.
Im Sozialen ist Europa mit einem massiven Aufholbedarf konfrontiert und es ist zu hoffen, dass die gleichen europäischen Politiker, die mit viel Energie gegen vermeintliche Bankenparadiese vorgehen, die gleiche Energie darauf verwenden, die gravierenden sozialen Defizite in Europa zu beseitigen. Nach Wirtschafts- und Währungsunion stehen wir vor der grossen Aufgabe, endlich die Sozialunion zu schaffen. Die nächsten Monate werden uns zeigen, ob wir dieser Aufgabe gewachsen sind.
Marc Spautz a Claude Meisch an der Emissioun “Background am Gespréich”
RTL Background am Gespréich
Nom “Etat de la Nation”: Fraktiounspräsidenten Marc Spautz a Claude Meisch sinn muer Invité an der Emissioun “Background am Gespréich” op RTL 92.5.
Faire Chance
Faire Chance
Eine Forderung, die zu Recht regelmäßig erhoben wird, ist jene, die Brücken zwischen den Schulen, bzw. Hochschulen und der Berufswelt konsequent auszubauen. Durch Ferienjobs und Berufspraktika gilt es, junge Menschen möglichst früh auf die Arbeitswelt vorzubereiten.
Hier stehen die Jugendlichen in der Pflicht, die sich selbst um Jobs und Praktika bemühen müssen, ebenso ihre Eltern, die sie motivieren müssen, initiativ zu werden. Insbesondere sind aber auch die Betriebe gefordert, Ferienjobs und Stageplätze in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen. Das gehört zur sozialen Verantwortung der Betriebe. Hinzu kommt, dass das diesbezügliche Engagement der Betriebe eine ganz wesentliche Zukunftsinvestition darstellt! Jeder Betrieb hat ein vitales Interesse daran, dass seine zukünftigen Angestellten bei Berufsantritt bereits über praktische Vorkenntnisse verfügen und wissen was die Realitäten und besonderen Anforderungen in der Berufswelt sind.
Nun ist es in den letzten Jahren so, dass immer mehr die mehr oder weniger pauschale Aussage kommt, die Jugendlichen seien ungenügend ausgebildet, demotiviert und würden sich zusehends weniger um einen Studentenjob oder einen Praktikumsplatz bemühen.
Doch wie ist es mit den zahlreichen Schülern und Studenten, die auch dieses Jahr – und dies oft seit Monaten – wieder Bewerbungsschreiben in großer Zahl an Unternehmen richten, um sich für einen Ferienjob zu bewerben, die oft aber keine Antwort und nicht einmal eine Empfangsbestätigung erhalten. Der Initiativgeist und die Einsatzbereitschaft dieser Schüler und Studenten wird nicht im Geringsten gewürdigt. Wenn eine Antwort kommt, ist dies oft erst im Juni, wenn sich die Jugendlichen bereits anders organisiert haben. Auf Dauer höhlen solche Warteschleifen jede Motivation aus und es kann eigentlich nicht überraschen, dass Jugendliche nach einer gewissen Zeit resignieren.
Mit der gleichen Problemlage sind auch viele Schüler der technischen Lyzeen konfrontiert zu deren Schulplänen Praktika in den Betrieben gehören. Hier ist es ebenso, dass viele Schüler massive Anstrengungen unternehmen, viel Zeit investieren um Bewerbungen zu schreiben, oft telefonisch nachhacken, um am Ende doch leer auszugehen.
Die Schuld kann nicht auf die Jugendlichen abgewälzt werden mit dem Argument, sie seien antriebslos und ungenügend vorbereitet. Zu viele Jugendliche, die über solide Grundkenntnisse verfügen, bemühen sich nach besten Kräften aber vergeblich, für die Chance ihr schulisches Wissen durch praktische Erfahrungen zu ergänzen.
Wie gesagt, Pauschalisierungen, die unsere Jugendlichen in ein schlechtes Licht rücken und zu Resignation verleiten, sind komplett falsch. Alle sind gefordert: Die Schüler und Studenten, ihre Eltern und die Unternehmen, die sich wieder mehr ihrer sozialen Verantwortung bewusst sein müssen und die sich endlich darauf besinnen sollten, dass es mittel- und langfristig in ihrem ureigensten Interesse ist, jungen Menschen eine faire Chance zu geben.
E groussen EUROPÄER feiert Gebuertsdag – Happy Birthday Helmut Kohl
Marc Spautz: Blick auf die parlamentarische Agenda
Über Arbeit dürften sich die Abgeorneten dieser Tage nicht beklagen. Zum einen müssen eine ganze Reihe mehr oder minder bedeutender Gesetzvorlagen durch den Instanzenweg gelotst werden; zum anderen verlangt die Krisenbewältigung ein engagiertes Wirken von der Politik. Im Interview mit dem „Luxemburger Wort“ betont CSV-Fraktionschef Marc Spautz denn auch, dass die Koalition auch im noch zu bewältigenden Teilabschnitt der Legislaturperiode gestaltend auftreten wird.
Wie reagieren Sie auf jene Stimmen, die behaupten, CSV und LSAP sei nur noch daran gelegen, sich bis zum Wahltermin 2014 über die Runden retten zu wollen, ohne dabei irgendwelche Akzente zu setzen?
Dem ist beileibe nicht so. Es genügt doch, einen Blick in die einzelnen parlamentarischen Ausschüsse zu werfen, um sich zu vergewissern, dass diese Koalition sehr wohl noch legislative Akzente setzen wird. Unseren Willen der Politikgestaltung machen wir nicht vom Wahltermin abhängig.
Eine Hausaufgabe hatten sich die beiden Fraktionen im Herbst 2012 gegeben: Wie sieht es denn nun aus mit weiteren haushaltspolitischen Konsolidierungsbemühungen?
Die Diskussionen mit unserem Koalitionspartner laufen, so wie wir das Ende des vergangenen Jahres vereinbart haben. Auch bleibt es dabei, dass wir einzelne Budgetblöcke unter die Lupe nehmen wollen, beispielsweise die Betriebskosten beim Staat oder die Beschäftigungspolitik, und daraufhin ein kohärentes Paket schnüren. In welcher Größenordnung die Konsolidierung erfolgen wird, muss sich zeigen, wenn die Haushaltszahlen für 2012 vorliegen – was um Mitte März der Fall sein dürfte.
Die zu treffenden Maßnahmen werden dann in das Stabilitätsprogramm einfließen …
… und vom Premierminister beim Etat de la nation am 10. April vorgestellt.
Ein anderer wichtiger parlamentarischer Termin ist die Debatte zur Beschäftigungspolitik am 15. Mai. Angesichts von über 22 000 Menschen ohne bzw. ohne feste Anstellung kann es mit Diskutieren allein nicht getan sein.
Der Beschäftigungsausschuss der Chamber arbeitet mit Nachdruck an der Vorbereitung der Debatte, unter Einbeziehung der Sozialpartner. Wir wollen einen Beschäftigungspakt schaffen. Allerdings dürfen wir uns nichts vormachen: Die Politik allein wird es nicht schaffen, die Schieflage am Arbeitsmarkt zu begradigen.
Besorgnis erregend ist insbesondere die hohe Rate an jugendlichen Erwerbslosen. Inwieweit entspricht die schulische und berufliche Ausbildung den reellen Bedürfnissen?
Es muss gelingen, die beruflichen Vorstellungen der Jugendlichen mit den Ansprüchen ihrer Eltern und den Bedürfnissen der hiesigen Arbeitswelt in Einklang zu bringen. Dafür gibt es natürlich keine Allerweltslösungen. Es sollte aber schon so sein, dass Angebot und Nachfrage zueinanderfinden. Konkret bedeutet dies z. B., zu vermitteln, dass es sich bei hochqualifizierten Arbeitnehmern nicht einzig um Ärzte oder Anwälte handelt, sondern dass sich auch Chancen in jenen Branchen auftun, wo Luxemburg sich wirtschaftlich entwickeln will: die ICT-Bereiche, die Öko- und Biotechnologien. Hier kann die jüngst geschaffene Maison de l’orientation Hilfestellung bieten.
Gesellschaftspolitisch schickt sich die Koalition unter CSV-Regie an, nach den Anpassungen an der Abtreibungsgesetzgebung mit der gleichgeschlechtlichen Ehe ein weiteres heißes Eisen zu schmieden …
… so wie wir das im Koalitionspapier vereinbart haben. Es wird allerdings dabei bleiben, dass es, wie im Fall der Abtreibung, keine Einstimmigkeit in der CSV-Fraktion geben wird. Darüber hinaus darf nicht ungeachtet bleiben, dass derzeit zwei weitere gesellschaftspolitische Felder bearbeitet werden: Zum einen das Miteinander zwischen Staat und Glaubensgemeinschaften, wo wir dabei sind, die Schlussfolgerungen aus dem Expertenbericht zu ziehen. Ich gehe davon aus, dass wir uns auf Konventionslösungen verständigen können. Zum anderen die Staatsbürgerschaft, wo Vorhaben und Vorgehen von Justizminister Biltgen auf breite Unterstützung treffen.
Die Sprachenfrage sorgt aber zumindest für Diskussionen …
… weil der luxemburgischen Sprache hierzulande immer mehr Bedeutung beigemessen werden muss. Nehmen wir die Beteiligung am politischen Leben. Wer an Wahlen teilnehmen will, der muss das Luxemburgische auch verstehen. Denken Sie nur an die Debatten im Parlament, die quasi ausschließlich auf Luxemburgisch abgehalten werden. Wie wollen Sie sich in einer politischen Debatte zurechtfinden, wenn Sie die Sprache nicht verstehen?
Mit Blick auf die Wahlen müssen sich die Parteien auch Gedanken um Doppelmandate oder zeitliche Beschränkungen der Mandate machen.
Diesen Diskussionen werden sich die Parteien nicht verschließen können. Es gibt allerdings keine einfachen Lösungen, wo man die heute gängige Praxis des Ämterkumuls ohne angemessene Rahmenbedingungen abschafft. Es muss schon gewährleistet sein, dass die kommunale Stimme in der Nationalpolitik Gehör findet. Es stellt sich für mich aber auch die Frage, ob Luxemburg überhaupt über ein derart großes Reservoir verfügt, um alle Posten im Fall der Trennung zu besetzen. Begrenzt man die Mandatsdauer, muss man auch die berufliche Wiedereingliederung in die Privatwirtschaft organisieren.
Wie schätzen Sie die Arbeit im Srel-Enquete-Ausschuss ein?
Ich bedauere die Vermischung der zeitlichen Etappen. Gewiss ist es wichtig, sich mit der Vergangenheit zu befassen. Man sollte sie aber in ihren jeweiligen Kontext setzen, ob dies nun die Ära des Kalten Krieges war mit der gesetzlichen Schaffung eines Geheimdienstes in Luxemburg oder die Periode nach den Anschlägen von 9/11, unter deren Eindruck das Datenschutz- und das Geheimdienstgesetz 2002 bzw. 2004 verfasst wurden.
Quelle: Luxemburger Wort – 26. Februar 2012 – Seite 2-3 – Foto : Guy Jallay
Zukunftsgestaltung
Zukunftsgestaltung
Das öffentliche Interesse und mit ihr ein Teil der Politik richten ihren Blick zur Zeit besonders auf die Aufarbeitung einer Reihe von vergangenen Ereignissen. Das ist sinnvoll und richtig. Eine Reihe von Vorkommnissen müssen tatsächlich mit aller Konsequenz aufgearbeitet und kritisch hinterfragt werden. Unvoreingenommen und ohne Vorurteil, fair nach allen Seiten.
Ans Licht der Öffentlichkeit gehört indes auch, wenn, wie im Dossier Wickringen-Liwingen der persönliche Ruf von Personen gelitten hat, ohne dass aber im Endeffekt unlautere Absichten oder ein Fehlverhalten aufgedeckt wurden. Doch eine Entschuldigung für manche verbale Entgleisung lässt noch heute auf sich warten und, geben wir uns keinen Illusionen hin, sie wird wohl auch nie kommen.
Was bleibt, ist ein enormer Flurschaden in der politischen Landschaft. War es das, was die Initiatoren bezweckten?
Schließlich darf die Aufarbeitung der Vergangenheit auch nicht als Konsequenz haben, dass die Zukunftsgestaltung aus dem Blick gerät. Zukunftsgestaltung bleibt die Kernaufgabe der Politik. Siebedeutet zum aktuellen Zeitpunkt, sich vor allem mit der anhaltenden Krise und ihren Auswirkungenzu beschäftigen. Einnahmen die stagnieren bei wachsenden krisenbedingten Ausgaben, siehe Beschäftigungsfonds, sind Sachverhalte, die zum Umdenken zwingen. Wir können auf Dauer nicht mehr verteilen als wir erwirtschaften. Die CSV-Fraktion wird in diesem Sinne weiter entschlossen für die Haushaltskonsolidierung eintreten.
Ein zentrales Anliegen bleibt für die CSV-Fraktion ebenfalls, dafür Sorge zu tragen, dass nicht die sozial schwächeren Schichten im Endeffekt einen Großteil der Belastungen tragen müssen. Die soziale Kohäsion, d.h. der gesellschaftliche Wille niemanden zurückzulassen, darf auch in der anhaltenden Krise nicht verloren gehen. Die CSV, die in Krisenzeiten stets besonders für das Soziale eintrat, wird darauf achten, dass die soziale Kohäsion trotz Krisendruck nicht zerbröckelt.
In den Mittelpunkt einer zukunftsorientierten Politik gehören für die CSV besonders die Erwartungen der Jugend. In diesem Sinne darf vor allem die Jugendarbeitslosigkeit nicht hingenommen werden. Die Jugendarbeitslosigkeit ist ohne ein gebündeltes und breitgefächertes Maßnahmenpaket, das auch konsequent durchgezogen wird, nicht in den Griff zu bekommen. Es ist darauf zu achten, dass sich das Schul- und Ausbildungsangebot an den reellen Bedürfnissen der Betriebe ausrichtet. Die Defizite in Sachen Berufsorientierung müssen endlich beseitigt werden. Praxisorientierte Angebote müssen sich besonders an Schulabbrecher, unqualifizierte und niedrigqualifizierte junge Arbeitssuchende richten.
Perspektiven schaffen für alle jungen Menschen, eine nachhaltige Finanzpolitik gestalten, um kommende Generationen nicht mit einem Defizit zu belasten, die langfristige Funktionsfähigkeit unserer Sozialsysteme sicherstellen, … auf diesen und auf anderen Zukunftsfeldern arbeiten die CSV-Abgeordneten konzentriert und zielorientiert ohne davon ein großes Aufheben zu machen. Auch wenn sie dabei nicht im Rampenlicht stehen, mindert das die Bedeutung ihrer Arbeit für die Zukunft des Landes nicht im Geringsten. Schließlich ist in Sachen Zukunftsvorbereitung mindestens ebenso viel Handlungsbedarf wie bei der Aufarbeitung von zurückliegenden Vorkommnissen und Entscheidungen.