Neue Perspektiven – Ein Nachtrag zum Nationalkongress

Neue Perspektiven für die Partei, für Luxemburg, für Europa. Das ist zurückzubehalten vom Nationalkongress vor einer Woche in Grevenmacher. Im Prozess der internen Erneuerung wurde mit der Diskussion und Verabschiedung einer Resolution eine wichtige Etappe abgeschlossen. Auf der Grundlage des Thewes/Glesener-Papiers und der entsprechenden Wortmeldungen der Basis sollen nun unter anderem Statuten reformiert und Grundsätze neu ausformuliert werden. Der gesamte Erneuerungsprozess und der Kongress 2015 haben eins untermauert: Die Partei diskutiert, ist offen für Debatte und gewillt neue Wege etwa in der Kommunikation und bei Fragen der Integration zu gehen. Nicht zu vergessen die Förderung des politischen Nachwuchses.

Konkrete Perspektiven fürs Land wurden in den politischen Kongressreden aufgezeichnet. Die CSV stellte klar, dass sie konstruktiv-kritische Opposition machen und mit Alternativen punkten will. Der Weg zurück in die Regierung soll über die inhaltliche Schiene führen. Zukunftsperspektiven für Europa waren die zentralen Themen der Interventionen von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dem Präsidenten der EVP, Joseph Daul. Sie ließen keinen Zweifel daran, dass es Volksparteien und ihre Vertreter sind, die Europa wichtige Impulse geben.

Marc Spautz
Parteipräsident

 


D’Resolutioun vum Kongress kënnt Dir hei liesen:

De ganze Profil vun dëser Woch fannt Dir hei:

Parteipräsident Marc Spautz im Interview

„Nei Perspektiven“, so lautet das Motto des Nationalkongresses. Marc Spautz, um welche Schwerpunkte geht es?

Damit ist in erster Linie natürlich der Erneuerungsprozess gemeint, in dem wir uns befinden. Beim Kongress in Grevenmacher sollen jetzt die Weichen gestellt werden, um die Partei strukturell zu modernisieren, zu öffnen und ganz allgemein auch mehr Dialog und Debatte zu ermöglichen. Dies ist eine logische Folge dessen, was uns der Kongress vor einem Jahr in der Resolution „für eine lebendige und moderne Volkspartei“ vorgegeben hat und was im Thewes/Glesener-Bericht, den ich ausdrücklich begrüße, angeregt worden ist. Nun kommt die Umsetzung.

Sie meinen damit die Etappe der konkreten Aktion.

Ja. Es ist nun am Kongress sozusagen über die Umsetzung der Erneuerung zu beschließen. Dabei haben wir in den zurückliegenden Monaten bereits konkrete Schritte unternommen. Ich denke da an das Förderprogramm für den politischen Nachwuchs oder die verschiedenen Themenforen, die wir organisiert haben. Aber auch an neue Wege in der Kommunikation nach innen und nach außen. Zum Beispiel die Neuauflage des Profil, das regelmäßige Versenden einer spezifischen Newsletter und die Schaffung von CSV TV.

Auch bei der so genannten Frauenquote ist die CSV dabei, Konkretes zu tun.

So ist es. Beim Nachwuchsprogramm gilt die Parität. Persönlich setzte ich mich dafür ein, dass bei der konkreten Reformagenda alles daran gesetzt wird, dass wir unser Ziel einer paritätischen Besetzung beispielsweise der Kandidatenlisten schneller erreichen.

Auch beim Grundsatzprogramm sollen neue Wege beschritten werden.

Das stimmt. Eine der konkreten Umsetzungen, die wir dem Kongress vorschlagen, betrifft unsere Grundwerte. Dazu eins vorweg: Wir bleiben die CSV und den drei Buchstaben, dem C, dem S und dem V verpflichtet. Wir wollen klar definieren, was das heute als politisches Fundament bedeutet. Erneuerung heißt auch auf Bewährtem aufbauen. Es bleibt beim Anspruch Volkspartei zu sein. Es bleibt beim Bezug auf das christliche Menschenbild. Es bleibt bei dem klaren Bekenntnis zur katholischen Soziallehre.

Klar machen, für was man steht, hat etwas mit politischer Differenzierung zu tun. Wie unterscheidet sich die CSV von den anderen Parteien?

Wie gesagt: Wir haben Wurzeln und Grundwerte zu denen wir stehen. Diese wurden übrigens laut Perspektiven-Bericht von der Basis nicht in Frage gestellt. Das verpflichtet. Und führt auch dazu, dass wir uns im politischen Alltagsgeschäft klar von anderen, vor allem den Regierungsparteien, abgrenzen. Etwa in der Familienpolitik, wo wir für eine Nichteinmischung des Staates in die Familiengestaltung sind. Das hat für uns etwas mit Prinzipien zu tun.

Die CSV ist nicht in der Opposition angekommen. Was halten Sie von diesem Vorwurf.

Das können nur diejenigen sagen, die Probleme mit der konstruktiven und auf konkreten Vorschlägen fußenden Art und Weise unserer Oppositionsarbeit haben. Ich denke vielmehr, dass einige noch nicht richtig in der Regierung angekommen sind. Regieren bedeutet nämlich konsequent und kohärent arbeiten und die Zukunft vorbereiten. Mit Ankündigungen, Audits und einer regelrechten Hexenjagd auf vermeintliche Boykotteure im Staatsdienst ist es nicht getan.

Nun ist die CSV auch nicht sonderlich vom Referendum angetan, oder?

Auch in dieser Frage sind wir von Anfang an eine klare Linie gefahren. Wir sind prinzipiell nicht gegen Referenden, halten allerdings die Fragestellungen für falsch. Für unser Nein zu den bleibenden drei Fragen gibt es gute Gründe, die wir in den kommenden Wochen den Wählern explizit darlegen werden. Wir möchten, dass die Menschen gut informiert ins Referendum gehen können.

Das Wahlrecht für Ausländer ist ganz klar die zentrale Frage beim Referendum. Warum sagt die CSV Nein?

Wir sagen Ja zu mehr Integration und Mitbestimmung. Den Weg, den wir vorschlagen, geht allerdings über die Staatsbürgerschaft. Es soll einfacher werden Luxemburger zu werden und dann auch in vollem Umfang mitbestimmen zu können. Das ist ein ehrlicher Weg, der auch zu einem echten Mehr an Demokratie führen wird. Wir wollen nicht nur mehr Demokratie wagen. Wir wollen mehr Demokratie haben.

Alles Glieder einer Kette

Bei der Referendumsfrage zur Ausweitung des Wahlrechts für Nicht-Luxemburger stehen für die CSV einige Aspekte besonders im Mittelpunkt.

So wird sich die CSV dafür einsetzen, dass das Wahlrecht auf nationaler Ebene den luxemburgischen Bürgern vorbehalten bleibt. Dem liegt die Überzeugung zugrunde, dass der Nationalstaat auch zukünftig Bestand haben soll. Und zum Nationalstaat gehört, als wesentlichstes Element, die Staatsangehörigkeit. Deren Ausdruck ist das nationale Wahlrecht. Wahlrecht, Staatsangehörigkeit und Nationalstaat sind alles Glieder einer Kette. Wird ein Glied gelöst, schwächt das früher oder später auch die anderen.

Zum Staat gehören Staatsbürger, die auf einem klar umrissenen Territorium dafür verantwortlich sind, ihr Zusammenleben zu organisieren. Diese Verantwortung zu öffnen, ist ein Widerspruch und entkernt das Staatswesen.

Die CSV spricht sich deshalb dagegen aus, dass die Verbindung von Staatsangehörigkeit und Wahlrecht auf nationaler Ebene gelöst wird. Sie hat diese Position in ihrem Wahlprogramm für die Parlamentswahlen von 2013 vertreten und beim Nationalrat vom 9. Februar 2015 mit einer eindeutigen Mehrheit bekräftigt.

Anstatt auf ein Ausländerwahlrecht hinzusteuern, das nur auf den ersten Blick mehr politische Teilhabe verspricht und die Bürger in Wähler erster Klasse und zweiter Klasse einteilt, will die CSV die reale Stärkung der politischen Partizipation über die Reform des Nationalitätsgesetzes.

In diesem Sinne hat die CSV bereits im Sommer vergangenen Jahres konkrete Vorschläge gemacht und wurde vor kurzem von der CSV-Fraktion ein Gesetzesvorschlag eingereicht. Regierung und Mehrheitsfraktionen sind bisher jedoch nicht darauf eingegangen. So wie in anderen zentralen politischen Fragen auch!

Die CSV geht jedenfalls mit einer klaren Haltung in die Referendumskampagne. Sie will keine Scheindebatte, bei der komplexe Fragen auf ein simples Ja oder Nein reduziert werden.

Marc Spautz
CSV-Präsident

 


Weider Bäiträg am CSV-Profil:

Zickzack-Kurs

Die CSV begrüßt, dass die Regierung den Gesprächsfaden mit den Sozialpartnern aufgenommen hat, das nachdem es noch im Herbstbei der Präsentation des „Zukunftspaks“, der in Wirklichkeit ein „Bezuelpak“ ist, so aussah, als würden die Vertreter von Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu reinen Befehlsempfängern degradiert.

Nach den Gesprächen mit den Gewerkschaften Ende November folgte jetzt das Gespräch mit der Arbeitgeberseite. Doch Zweiergespräche sind nur sehr bedingt ein Ersatz für Gespräche an denen die drei Partner, Regierung, Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam an einem Tisch sitzen. Um den Preis, dass ihr Sparpaket zusehends schrumpft, bemühen sich Rot, Blau und Grün, jede Seite ruhig zu halten, doch sie unterlassen es, die Positionen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.

Ein zukunftsorientierter Sozialdialog, der langfristige Ziele anpeilt, sprich die Absenkung der hohen Arbeitslosenrate, die Absicherung der sozialen Leistungen, optimale Rahmenbedingungen für ein stabiles Wirtschaftswachstum und gesunde Staatsfinanzen, sieht definitiv anders aus. Wie in anderen Politikbereichen, sei es Schul- und Bildungspolitik, Familienpolitik oder Landesplanung, fährt die Regierung auch hier auf Sicht. Anstatt sich um ein Gesamtkonzept zu bemühen, das sich den großen Herausforderungen annimmt, steuert die Regierung einen Zickzack-Kurs.

Dabei wäre mit den luxemburgischen Sozialpartnern, die ihr ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein in der Vergangenheit zur Genüge bewiesen haben, bedeutend mehr drin. Doch dafür fehlt die zentrale Voraussetzung, nämlich eine Regierung, die weiß, welchen Kurs sie einschlagen will. Und so bleibt die Sozialpartnerschaft deutlich unter ihren Möglichkeiten so wie insgesamt Rot, Blau und Grün das Land deutlich unter seinen Möglichkeiten regieren.

Marc Spautz
Parteipräsident und Abgeordneter