Ried aus dem Conseil de l’Europe

Die humanitäre Situation in der Ukraine

Der Konflikt zwischen der ukrainischen Armee und den prorussischen Separatisten steht tagtäglich in den Schlagzeilen und das jetzt schon seit Monaten. Leider vergeht kaum eine Woche, ohne dass sich die Situation weiterhin verschlechtert. Die Angst greift vermehrt auf andere Länder über, wie die baltischen Staaten, die über mehrere Jahrzehnte unter der Unterdrückung des sowjetischen Regimes litten und nun, dank der Demokratisierung und der positiven wirtschaftlichen und finanziellen Entwicklung, seit dem 1. Mai 2004 Mitglieder der Europäischen Union sind. Der Ukrainekonflikt hat erneut einen Graben zwischen dem Westen und Russland gebildet, dies spätestens seit die russische Föderation die Krim rechtswidrig annektiert hat und sie vom Westen als sofortiger Folge aus dem G8 ausgeschlossen wurde.

Die ukrainische Präsidentschaftswahl am 25. Mai war eine reelle Hoffnung für alle implizierten Parteien, die sich tatkräftig für eine Deeskalation bemühten, anfangs wie es schien mit Erfolg. Diese war jedoch leider rasch begraben, denn es sollte noch schlimmer kommen. Die neu eingesetzte Regierung hat bereits das Handtuch geworfen und Experten sprechen infolge dessen von einem neuen kalten Krieg. Momentan wird viel mit Sanktionen, hauptsächlich wirtschaftlicher und finanzieller Natur in beiden Lagern gedroht und gehandelt. Russland droht bereits mit einer Luftraumsperre für den Westen, falls weitere Sanktionen aus dem Westen folgen werden.

Diese Sanktionen haben mit Sicherheit ernste Nachwirkungen für beide Wirtschaftsräume, trotzdem dürfen wir die anderen Auswirkungen nicht vergessen, die noch viel schlimmer sind als die wirtschaftlichen. Seit Beginn des Bürgerkrieges mussten mehrere Tausende Menschen, meist Unschuldige, ihr Leben lassen oder flüchten. Die Menschen in den Kriegsgebieten brauchen dringen humanitäre Hilfe. Sie leben in äußerst katastrophalen Umständen, haben keinen Zugang zu Wasser oder Nahrung. Obwohl Hilfsgüter von beiden Seiten in die Westukraine geschickt werden, werden sie oft an den Grenzen angehalten und der Durchgang wurde teilweise verweigert, oft aus Angst, dass sich Waffen in den Gütern befinden würden, oder einfach aus Misstrauen. Diese Lage ist für die EU inakzeptabel. Wir können nicht zulassen, dass auf dem europäischen Kontinent im 21. Jahrhundert Menschen auf der Flucht sind, weil sie um ihr Leben bangen müssen und einem Krieg entkommen möchten. Diese Region sollte eigentlich das Symbol einer bedeutungsvollen Zusammenarbeit und eine Brücke zwischen Osten und Westen darstellen. Stattdessen scheint dieses Land, das eine Demokratie anstrebt, im Chaos eines drohenden Krieges zu versinken.

Es sollen mehrere Millionen Hilfsgelder für die betroffene Region in der Ostukraine benötigt werden. Die Ukraine ist zum Schauplatz eines Konfliktes zwischen zwei Machträumen geworden, ähnlich wie Polen im Zweiten Weltkrieg, in dem die eigentlichen Opfer unschuldige Menschen aus der zivilen Bevölkerung sind. Diese Situation ist unhaltbar und wir Europäer müssen solidarisch dafür sorgen, dass diese Menschen in Sicherheit gebracht und mit allem Notwendigem versorgt werden, sei es mit Nahrungsmitteln, medizinischer Hilfe oder sonstigen wichtigen Hilfsgütern. Es kann nicht sein, dass Hilfsgüter an den Grenzen gestoppt werden und dort tagelang verweilen. Die Hilfe ist absolut vorrangig und wir fordern jeden auf, sei es ukrainische oder russische Behörden oder separatistische Gruppen, das menschliche Leben zu respektieren! Ohne Respekt kann es unmöglich zu einem friedlichen Prozess kommen.