“Ich will als Präsident einer großen und selbstbewussten Volkspartei auftreten, ohne meine soziale Herkunft zu leugnen.” So sieht Marc Spautz seine neue Rolle als CSV-Präsident. 80,4 Prozent der Delegierten der Christlich-Sozialen stimmten am Samstag für den einzigen Kandidaten auf das Präsidentenamt.
Vier von fünf Delegierten sprachen Ihnen am Samstag das Vertrauen aus. Wie bewerten Sie Ihr Wahlergebnis?
Ich bin positiv überrascht. Aufgrund meiner gewerkschaftlichen Wurzeln hatte ich mit mehr Gegenstimmen gerechnet. 75 Prozent Zustimmung lautete meine persönliche Zielsetzung. Das habe ich geschafft. Im Übrigen hatte ich mir eigentlich eine liberale Gegenkandidatur aus dem Zentrum erwartet.
Laurent Zeimet bleibt Generalsekretär. Damit ist für Kontinuität an der Parteispitze gesorgt.
Ich sehe die Wiederwahl von Laurent Zeimet als Generalsekretär vor allem als Bestätigung der guten Arbeit, die die bisherige Parteileitung verrichtete. Die Wahl der Delegierten zeigt, dass nicht alles anders werden soll in der CSV. Die Meinung der Mitglieder unterscheidet sich somit von der öffentlichen Meinung.
In Anbetracht dieser öffentlichen Meinungen hätte man einen animierten Kongress erwarten können …
Nun ja, immerhin hat es sieben Wortmeldungen zum Resolutionsentwurf gegeben. Das haben wir in der CSV bei einem Nationalkongress schon lange nicht mehr erlebt. Wesentlich für die Zukunft ist, dass wir die vielen, teils kontroversen Meinungen aus den Kongressen der Unterorganisationen jetzt kanalisieren und daraus das künftige Erscheinungsbild der CSV zeichnen.
Wozu auch die Ideen der drei unterlegenen Bewerber um das Amt des Generalsekretärs gehören.
Absolut. Für mich steht außer Frage, dass die unterlegenen Bewerber mit ins Boot gehören, damit ihre Ideen einen Niederschlag in der Partei finden. Dass es gleich vier Bewerbungen für den Posten des Generalsekretärs gab, zeigt doch, dass die Mitglieder bereit sind, anzupacken. Diese Bereitschaft sollten wir nicht ungenutzt lassen.
Wo sollen die Hebel angesetzt werden?
Wir benötigen eine kohärente und konstruktive Zusammenarbeit zwischen nationaler Ebene und den Bezirken und Sektionen. Mit Blick auf 2017 und die Kommunalwahlen brauchen wir Strukturen, die den Austausch von Erfahrungen, Ideen und Meinungen zwischen unseren Mitgliedern und Mandatsträgern fördern.
Konkret bedeutet dies …
… dass wir das Rad nicht jedes Mal neu erfinden sollen. Wenn sich ein Vorhaben in einer Gemeinde bewährt hat, sollte es möglich sein, dass andere Gemeinden von diesem Know-how profitieren, ohne selbst bei null anfangen zu müssen. Die Stärke der CSV in den Gemeinden, die bei den jüngsten Landeswahlen bestätigt wurde, müssen wir landesweit zu nutzen wissen. Dazu braucht es eine angemessene Kommunikation. Ist diese Kommunikation gewährleistet, können wir eine kohärente Politik gestalten.
Sie haben in Ihrer Antrittsrede gewarnt, dass zu viel Selbstbeschäftigung tödlich sei. Wie wollen Sie sich mit der politischen Konkurrenz beschäftigen?
Indem wir eine kontinuierliche Kooperation zwischen Partei und Fraktion anstreben. Dabei sollten wir unterscheiden zwischen politischem Alltag und langfristiger Ausrichtung. Im Alltagsgeschäft müssen wir abwarten, welche Vorhaben die Regierung umsetzen will. Darüber hinaus besteht die Herausforderung darin, als CSV unser eigenes Bild zu zeichnen und gangbare Alternativen zu den wichtigen Politikbereichen zu formulieren. Als stärkste Partei müssen wir uns mit den großen Baustellen auseinander- setzen. Beispiel Wirtschaftspolitik. Wenn, wie am Freitag geschehen, Arcelor die Aufgabe eines Standortes ankündigt, muss die CSV Vorschläge zur Hand haben, wie der Industriestandort Luxemburg erhalten werden kann. Bei der künftigen Politikgestaltung wird es nicht darum gehen, alle bisherigen Inhalte in Frage zu stellen. Wir sollten unsere Antworten präziser formulieren.
Was einem Parteivorsitzenden leichter fallen dürfte, der keine Rücksicht auf die Regierungsbeteiligung seiner Partei nehmen muss.
Wir sollten die fünf Jahre nutzen, die Positionen der CSV, die auf der christlichen Soziallehre und dem Prinzip “voir-juger-agir” fußt, konkreter und klarer zu formulieren und durchzusetzen. Wir können frei von Koalitionsräson zu Werke gehen.
Ihre erste große Bewährungsprobe werden die Europawahlen sein. Wie sieht Ihr Zeitplan aus?
Erst einmal werden wir Dublin und den EVP-Kongress abwarten. Ich bin ganz zuversichtlich, dass es dort mit der Spitzenkandidatur von Jean-Claude Juncker klappt. Danach werden wir unsere Liste und unser Programm zeitnah präsentieren.
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